JASMINA CIBIC
„Tear Down and Rebuild”
(2015)
Anlässlich der FESTSPIELE LUDWIGSHAFEN im Theater im Pfalzbau
12. Oktober - 14. Dezember 2024
Jasmina Cibics Film „Tear Down and Rebuild” hinterfragt die Vergänglichkeit ikonischer Gebäude, die für politische und kulturelle Epochen charakteristisch sind. Die Omnipräsenz absolutistischer Designs, wie dem Brutalismus in der Ludwigshafener Innenstadt, erhebt ikonische Gebäude zu Symbolen gesellschaftlicher Ideale.
Cibics Film besteht aus anachronistischen Zitaten politischer Reden, Debatten und Proklamationen, die den anhaltenden Ikonoklasmus in der Architektur hervorheben. Ein fiktives Gespräch zwischen vier Charakteren nutzt die historischen Zitate um das Gedankenbild eines imaginären Gebäudes zu erzeugen. Eine Nationalistin, eine Pragmatikerin, eine Umweltschützerin und eine Künstlerin/Architektin werden zu einem Abbild ideologischer Überlegungen, die mit praktischen Skrupeln konfrontiert werden. Cibic zeigt den Interessenkonflikt in der urbanen Planung zwischen Investor*innen, politischen Interessen, Umweltschutz und ästhetischen Anforderungen - ein Spannungsfeld, das in Ludwigshafen allgegenwärtig spürbar ist.
Die Zitate des Films stammen aus Reagans Rede zur Berliner Mauer, aus Prinz Charles' Ansprache vor der RIBA (Royal Institute of British Architects) im Jahr 1984 und aus der Proklamation der „Isis-Blogger” zur Zerstörung von Tempeln.
Das Narrativ des Films bedient sich einer Sprache, die Abriss und Neugestaltung befürwortet. Sie sollten im 20. und 21. Jahrhundert zur Schaffung neuer Repräsentationsformen für die entstehenden Nationalstaaten oder ideologischen Positionen beitragen. Es stellt jedoch auch das „Ideal” von Neuheit in Frage - von einer Architektur, die scheinbar neutral ist, anstatt ein Symbol für einen politischen Machtwechsel und neue Ideale zu sein, die es zu repräsentieren gilt.
Im Verlauf der Erzählung des Films werden die Zuschauenden Zeug*innen der endgültigen Entscheidung, das fiktive Gebäude abzureißen. Dabei entsteht das Bauwerk in der Vorstellung der Zuschauenden durch die Collage aus Zitaten über verschiedene, ideologisch konstruierte und historisch aufgeladene Gebäude, Denkmäler, Mauern usw., die abgerissen werden sollten oder wurden. Somit wird auf die Universalität und Zeitlosigkeit des Paradoxons der nationalen und ideologischen Repräsentation und ihrer Ikonen verwiesen.
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Jasmina Cibic (geb. 1979 in Ljubljana) arbeitet in Film, Skulptur, Performance und Installation, um „Soft Power” zu erforschen – wie politische Rhetorik durch Kunst und Architektur eingesetzt wird, insbesondere wie kulturelle Produktion vom Staat genutzt wird, um bestimmte Prinzipien und Bestrebungen zu kommunizieren. Durchdas Aufdecken der komplexen Verflechtungen von Politik, Kunst und Gender ermutigt die Künstlerin die Betrachter, die Strategien zu hinterfragen, die beim Aufbau der nationalen Kultur zum Einsatz kommen.
Cibics Projekte, die Symbole und Ikonografien zusammenführen, stellen eine Synthese aus Geste, Bühnenkunst und Nachstellung dar. Ihre fortlaufende performative Praxis, die in Filmen und Installationen umgesetzt wird, ist eine „inszenierte” Übung zur Zerlegung der Staatskunst. Ihr vielschichtiger Ansatz vereint Primärquellen und gefälschte Erzählungen. Diese eigenwillige Überschreibung erzeugt wechselnde Bedeutungen und hebt historische Ungewissheiten und Unwahrheiten hervor, insbesondere in der geschlechtsspezifischen Betrachtung der Vergangenheit. Cibic spielt ein doppeltes Spiel, indem sie gleichzeitig Machtmechanismen entschlüsselt und ihre eigenen allegorischen Strukturen aufbaut.
Jasmina Cibic vertrat Slowenien auf der 55. Biennale von Venedig mit ihrem Projekt „For Our Economy and Culture”. Zu ihren jüngsten Ausstellungen gehören Einzelausstellungen im macLyon, im Museum Sztuki Łódź, im Museum für zeitgenössische Kunst Ljubljana, im CCA Glasgow, in der Phi Foundation Montreal, im BALTIC Centre for Contemporary Art Gateshead, in den Kunstmuseen Krefeld, in Aarhus 2017, in der Esker Foundation Calgary, Museum für zeitgenössische Kunst Zagreb, Museum für zeitgenössische Kunst Belgrad, MGLC Ljubljana und Ludwig Museum Budapest sowie Gruppenausstellungen im MAXXI Rom, Steirischer Herbst '19, MOMA NY, MUMA Monash Museum, CCS BARD, Marta Herford und Guangdong Museum of Art China. Cibics Filme wurden in der Whitechapel Gallery, beim Pula Film Festival, beim London Film Festival, im HKW Berlin, im Louvre, beim Dokfest Kassel und beim Copenhagen International Documentary Festival gezeigt. Cibic ist Gewinnerin des Jarman Award (2021), des B3 Biennial of the Moving Image Award (2020) und der MAC International Ulster Bank und Charlottenborg Fonden Awards (2016).
Ihre neueste Monografie „Spielraum” wurde vom DISTANZ Verlag in Zusammenarbeit mit dem BALTIC Centre for Contemporary Art Gateshead und dem Museum of Contemporary Art Belgrade veröffentlicht; und „NADA” von den Kunstmuseen Krefeld und dem Kerber Verlag.